10. Tag (Freitag, 09.04.2010) Gila Cliff Dwellings bei St. John

10. Tag (Freitag, 09.04.2010) Gila Cliff Dwellings National Monument

Wir nehmen unser Frühstück in „Grandmas Cafe“, ganz wie geplant, ein. Die alte Dame kocht zwar nicht mehr selber, es muss wohl jetzt ihre Tochter ran, aber es schmeckt genau so gut wie damals in 2003. Dann fahren wir in die „Gila Cliff Dwellings“, die von Silver City aus auf einer extra angelegten etwa 50 Meilen langen sogenannten „scenic route“ zu erreichen sind. Hier hatte Berthold eine Klapperschlange überfahren, die sich auf der Straße sonnte und die mir damals als Nachfolgendem fast auf den Schoß geflogen wäre. Das Bergland der Gila Dwellings war das letzte Rückzugsgebiet der hier um Silver City wohnenden Mogollon-Indianern, einer Untergruppe der Appachen, ehe sie von den vordringenden Siedlern und Silbersuchern vollständig ausgerottet wurden. Aber auch Billy the Kid hat sich mehrere Monate lang in den Gilas verstecken können, ehe er dann doch von den Kopfgeldjägern des Wilden Westen gefunden, dem Sherif übergeben und schließlich gehängt wurde. Heute ist der gute Billy jedoch so eine Art Nationalheld, jedenfalls in der Gegend um Silver City. Billy versteckte sich damals in den rund 50 Wohnhöhlen, die die Mogollon-Indianer in den Berg gehauen hatten.

Wir starten also, wieder bei perfektem Wetter, blauem Himmel und Sonnenschein, aber noch recht kühler Lufttemperatur, zu den Gilas, deren Wegabzweig keine hundert Meter hinter unserem Motel beginnt. Aber vorher wird in „Grandmas Cafe“ gefrühstückt. Es ist alles so wie vor 7 Jahren, auch die originale Grandma ist noch da. Sie arbeitet aber nur noch in der Küche. Ihre Tochter erledigt die Bedienung. Das Frühstück ist ebenfalls noch so wie 2003. Wir trinken 4 Pötte Kaffee, in denen genau so viel Kaffeepulver verarbeitet ist, wie in einer halben Tasse Kaffee bei uns zu Hause. Unser „Meat Loaf“-Frühstück besteht aus 2 gescrambelten Eiern, einer kleinen Bratwurst, einer Scheibe Speck, einer Scheibe gebratenem Schinken und einem Pancake mit einem Fass Ahornsirup. Abgerundet wird das Frühstück mit einem Glas Orangensaft. Die Bezeichnung „Meat Loaf“ (= Fleischklops oder auch Fettsack) erscheint uns etwas übertrieben, aber so sind sie nun mal, die Amerikaner, immer ein wenig dramatisch in ihren Bezeichnungen. Wir sind bis jetzt an mehreren größten Thermometern der Welt vorbeigekommen, haben mehrere beste Hamburger der Stadt gegessen und in mehreren besten Motels der Galaxie geschlafen. Nun aber starten wir zu den Wohnhöhlen der Mogollon-Indianer, deren Komfort auch schon Billy the Kid genossen hat.

Die Strecke zu den „Gila Cliff Dwellings“ beträgt von Silver City an etwa 50 Meilen. Es ist eine Sackgasse, man kann nur hin- und wieder zurückfahren. Die Strecke führt über mehrere Pässe und offenbart immer wieder grandiose Ausblicke in wirklich weite Täler. Das gesamte Gebiet wird eingerahmt von einer mächtigen massiven Bergkette. Nur hier gibt es steelenartige bis zu 200 Meter hohe und einzeln stehende Felsnasen vulkanischen Ursprungs. Diese Felsnasen entstanden folgendermaßen: Das gesamte Gebiet war vor zigmillionen Jahren eine riesige Sandfläche. Infolge von Erdbeben und unterirdischen Vulkanausbrüchen wurde Lava durch den Sand hindurch nach oben gepresst. Die Lava erkaltete innerhalb des Sandes und die Felsnasen waren fertig. Beim gießen einer Kirchenglocke geht man ähnlich vor. Zunächst wird eine Form hergestellt, die der Negativabdruck der zu fertigenden Glocke ist. Diese Form wird dann frei nach Schiller „…festgemauert in der Erde steht die Form aus Ton gebrannt..“, wobei die Umrisse der Glocke heute aus gepresstem Sand bestehen. Wird nun in den verbleibenden Formenhohlraum Bronze gegossen, dann dauert es nicht mehr lange und die neue Kirchenglocke ist fertig. Hier war es fast genau so, nur dass die Lava sich ihre Form im bereits vorhandenen festen Sand selber gesucht hat und heute als Felssteele in der Gegend herum steht. Der Sand wurde entweder von Wind und Wetter hinweggefegt oder zu Sandstein verdichtet, fertig ist die ganze Landschaft. Der liebe Gott hat sich damals wahrscheinlich gedacht, irgendwann kommen die Amerikaner hierher und die werden dann schon das Passende daraus machen. Vor den Amis kamen aber die Indianer, und zwar die Mogollon-Indianer, ein Nebenstamm der Apachen. Die Mogollon wanderten irgendwann zwischen 1250 und 1280 hier in der Gegend herum, vermutlich auf der Flucht vor den Apachen (warum weiß heute keiner mehr, die Mogollon sind vollständig ausgerottet worden), und ließen sich im Gebiet der Dwellings nieder. Sie bauten die sich im Sandstein befindlichen Höhlen aus, fanden im Gebiet genügend Wild zur Jagd und konnten sogar in bescheidenem Umfang Getreidewirtschaft betreiben, wie Höhlenfunde belegen. Die Gila Dwellings sind eine kleinere Variante der sich in Colorado befindlichen Höhlen von Mesa Verde zwischen Cortez und Mancos (in der Gegend um Mesa Verde liegt übrigens auch die berühmte Eisenbahnlinie nach Durango). Insgesamt fünf Wohnhöhlen sind noch vorhanden und können besucht werden. Die Mogollon-Indianer lebten in den Gila Dwellings bis etwa um 1870. Dann wurden sie von den Silber- und Goldsuchern des nur 50 Meilen entfernten Silver City entdeckt und vollständig ausgerottet. Was ihre ihnen nicht besonders wohlgesonnen Apachenverwandten in über tausend Jahren nicht schafften, erledigte die Silberhooligans von Silver City in nur wenigen Wochen ohne auch nur irgendeine Spur von der Kultur der Mogollon-Indianer zu hinterlassen. Heute ist nur bekannt, dass es sie gab, dass die Größe ihrer Population um die 500 betrug und dass sich ihre Spuren so um 1880 völlig verloren.

Über Billy the Kid ist mehr bekannt. Dieser Outlaw versteckte sich für kurze Zeit in den Gila Dwellings, wurde hier gefasst und dann gehängt. Heute ist ihm ein „Billy the Kid National Scenic Byway“ gewidmet. Neben seinem Elternhaus befindet sich der „Billy the Kid Gulf Course“ und in einem speziell für bzw. über ihn eingerichteten Museum kann der geneigte Interessent alles über Billy erfahren – ein echter Nationalheld eben.

Nach dem Besuch der Höhlen haben wir uns schließlich wieder die Motorradsachen angezogen und sind zurück nach St. Johns gefahren. Schlauerweise hatten wir unsere wandertauglichen kurzen Hosen und T-Shirts und vor allem unsere laufbaren Schuhe mitgenommen, denn in echten Bykerklammoten ist der Besuch der Gila Dwellings einfach wegen der Hitze nicht möglich. In St. Johns erreichte das Thermometer heute etwa 22 C.,  in den Gilas waren es jedoch um die 26 C. Da wir heute im selben Motel wie gestern übernachten, hatten wir mit dem Gepäck kein Problem, konnten unsere Motorradhosen, die Stiefel, den Helm und die Jacke gut in den Packtaschen des Mopeds unterbringen und dann wie alle anderen Touristen auch zu den Gilas gehen und diese ausführlich besichtigen. Zurück in St. Johns haben wir erst einmal ein Bierchen vor unserem Motelzimmer genossen und sind dann wieder ins „Red Barn Steakhouse“ gegangen. Heute gab es einen „Outlaw-Hamburger“ mit „french fries“. Wir hätten ihn auch mit „matched potatoes“ haben können oder mit „hash brawns“, aber zu „french fries“ passt am besten Ketchup, und zwar Heinz-Ketchup (das ist der mit den inzwischen 57 Variationen). Irgendwie haben wir das Gefühl, dass wir unseren gesamten Ketchup Jahresbedarf mit Gewalt in den paar Tagen hier decken müssen. Aber man gönnt sich ja sonst nichts, oder?

So Leute, das war‘s für heute. Wenn Euch meine Berichte gefallen, dann sendet mir Eure Meinung dazu doch einfach an meine e-mail-Adresse Manfred-Kilian@t-online.de , ich würde mich freuen..

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